Zug ohne Lokführer

Computergesteuerte Züge, führerlose Züge, automatisch fahrende Züge, Zug ohne Lokführer, nennt es wie auch immer.

Dies Schlagzeilen werden immer wieder mal gern von diversen Medien veröffentlicht und ein Teil der Leserschaft ruft sofort Hurra, ohne überhaupt nur 1 Minute nachzudenken, geschweige denn, ohne überhaupt etwas von dem Thema zu verstehen.

Am besten finde ich ja dann jeweils den Hinweis, in Kanada gibt es das schon viele Jahre. Vorweg darf ich denen sagen, ihr habt das garantiert noch nicht mit eigenen Augen gesehen, wie das dort funktioniert, denn sonst würden diese Bahnspezialisten die Besonderheiten dazu nennen. Es ist nicht auch immer alles so, wie es zunächst aussieht. Aber vor allem, es lässt sich nicht zwangsläufig so auf dem deutschen Schienennetz  übernehmen.

Selbstverständlich gibt es Tests und Versuche. Was dann daraus wird, werden wir sehen. Und so beschreibe ich hier, wie es an anderer Stelle funktioniert, wo es bereits solche Systeme gibt.

In der Metro Vancouver, Canada, gibt es bekanntlich selbstfahrende Züge. Auf vielen Kilometern und mehreren Linien fahren diese Nahverkehrszüge. Es handelt sich dabei um ein komplettes eigenständiges System, welches so geplant und von vorn herein so gebaut wurde. Es ist kein nachträglich umgerüstetes System.

skytrain-at-waterfrontstation

Das Foto zeigt einen SkyTrain im Endbahnhof der Waterfront Station. Die erste Auffälligkeit für den deutschen Bahnreisenden :  Es ist dort blitzsauber.

Ohne gültigen Fahrschein kommt man überhaupt nicht in den Bahnhof rein. Denn das weiß die Transportpolizei zu verhindern. Und die steht an sehr vielen Haltestellen oder ist nicht weit davon entfernt. Keiner übersteigt dort die Drehkreuze, durch die jeder Passagier durch muss. Es wird alles überwacht. Viele Videokameras an den Eingängen und den Bahnsteigen.

Und du wirfst dein Ticket nach der Fahrt garantiert auch nicht weg, bevor du nicht draußen bist. Denn auch beim Verlassen des Bahnhofs wieder gern kontrolliert.

Dein benutztes Ticket oder anderen Müll wirfst du dort auch nicht auf den Boden, sondern in die Müllbehälter, die es reichlich gibt und die tatsächlich auch benutzbar sind.

Denn das kannst du dir finanziell nicht leisten. Ab 500.- Dollar aufwärts würde dich das kosten, wenn  du dein Ticket zerknüllst und fallen lässt. Und es wird definitiv überwacht.

Dieser auf dem Bild oben stehende Zug, benötigt spätestens jetzt trotzdem einen Lokführer. Denn er wird hinten aus dem Bahnhof rausgefahren. Natürlich ohne Fahrgäste. Ich durfte jedoch als Kollege mit.

Um zu rangieren, wird ein Schrank aufgeschlossen, in welchem sich eine komplette Bedieneinheit wie an jedem normalen Zug befindet. Der Rangierer / Lokführer fährt den SkyTrain signalgeführt in die Abstellgruppe oder setzt ihn auch nur um, auf ein anderes Gleis und stellt dort den Zug für die Rückfahrt bereit.

Innerhalb Downtown Vancouver fahren die Züge unterirdisch, wie bei einer U-Bahn. Danach geht es heraus aus dem Tunnelsystem und auf die freie Strecke.

skytrain-gleise

Und wie ihr seht, ist diese freie Strecke nicht annähernd das, was der deutsche Bahnfahrer kennt. Sondern es ist ein komplett eigenes Streckensystem, welches immer auf Betonpfeilern steht. Und diese Strecken führen dann über viele Kilometer dieser Metropole in die Nachbarstädte, wie Langley, Burnaby, New Westminster und weiß nicht wie sie alle heißen.  Es wirkt wie nur eine Stadt, jedoch ist die Metro Vancouver ein Verbund mehrerer Städte.

Du hast also überall diese Beton Stelzen auf denen die Gleise liegen. Diese durchschneiden diese Millionenmetropole auf dem gesamten Streckennetz.

Jetzt ist es aber nicht so, dass immer alles perfekt läuft. Auch dort gibt es Störungen. Dann stehst du im Berufsverkehr in deinem Wagon in 4 oder 5 Metern Höhe und wartest auf ein Höhenrettungsteam. Denn die Techniker müssen erst zum Zug gebracht werden. Und so kann es passieren, dass du dort oben 2 Stunden gefangen bist. Alles schon dagewesen.

skytrain-newwestminster

Auch hier seht ihr das Betongleisbett in mehreren Metern Höhe. Und wer genau hinsieht, erkennt dahinter einen Güterzug. Und der ist auch in Vancouver mit einem Lokführer besetzt, denn er fährt auf Gleisen am Boden.

Dieser Zug auf dem Foto hat eben die Haltestelle New Westminster verlassen. Dieser hier ist 4-teilig. Es fahren auch 2- und 3-teilige herum. Je nach Uhrzeit.

Der nächste Zug folgt zumeist nur wenige Minuten später. Denn, und das ist der Vorteil dieses Systems, die Garnituren können in dichter Zugfolge verkehren, da sie elektronisch durch ein System im Gleisbett geführt werden.

Der Passagier sieht in den Hauptverkehrszeiten oft den voraus fahrenden oder nachfolgenden Zug. So dicht sind die Abstände.

In Vancouver habe ich nicht einmal gesehen, dass jemand die Türen blockiert, damit zu spät kommende Reisende noch einsteigen können. Diese Unsitte gibt es dort offenbar nicht. Wer zu spät kommt, bleibt draußen. Aber der nächste Zug kommt ja auch nur ein paar Minuten später.

Einen konkreten Fahrplan auf die Minute gibt es nicht. Sondern es heißt offiziell, dass in der Zeit von –  bis Uhr die Züge fahren. Es ist nur die erste oder letzte Fahrmöglichkeit veröffentlicht.

Bei schlechtem Wetter ist der Fahrkomfort nicht gerade angenehm. Die Züge des SkyTrain Systems ruckeln, zuckeln oder rutschen dann erheblich. Schleudern und gleiten sagt man dazu. Die rechnergesteuerten Bremsen legen an, lösen, legen an… und zwar ruckartig. Da wirst du jedes mal durchgeschüttelt und musst dich festhalten. Bei trockenem Wetter super, aber wann wehe der Pazifik schickt sein feuchtes Wetter in die Stadt.

Im Zug befindet sich durchgehend oberhalb der Seitenfenster eine Notrufleiste. Berührt man diese, wird Alarm ausgelöst, die Überwachungskamera läuft und die Transportpolizei wartet am nächsten Halt.

Im übrigen Canada, und das ist logischerweise der größte Teil, fahren die Züge mit Lokführern besetzt.

westcoastexpress

Diese Bombardier (Hersteller) Doppelstockzüge von Westcoast Express zum Beispiel. Auch denen sagt man nicht gerade Pünktlichkeit nach. Und Güterzüge fahren in Kanada sowieso nur mit Lokführer besetzt, weil das sind gigantische lange Züge, die mehrere Loks brauchen, um überhaupt vom Fleck zu kommen.